Pressemitteilung

Kurze Stellungnahme des BLL zum Weißbuch

Bonn, - Der BLL begrüßt das Weißbuch der EU-Kommission zur Lebensmittelsicherheit. Es ist ein wichtiger Diskussionsbeitrag in der Frage der Verbesserung des Verbrauchervertrauens in Lebensmittel. Das Weißbuch eröffnet die Chance, das bestehende Lebensmittelrecht einer kritischen Überprüfung zu unterziehen.

Voraussetzung für den Erfolg des Weißbuches ist, dass die anstehenden Maßnahmen nach ihrer Bedeutung gewichtet werden. Vordringlich sollte eine Basisregelung über Definitionen und grundsätzliche Regelungen des Gemeinschaftlichen Lebensmittelrechts erarbeitet werden. Auch müssen Verhandlungen in Detailfragen folgen. Die Lebensmittelwirtschaft ist bereit, sich in diese Diskussion aktiv einzubringen.

Europäische Lebensmittelbehörde:

Eine europäische Behörde für Lebensmittel kann einen wichtigen Beitrag zur Schaffung des Vertrauens von Verbrauchern und Wirtschaft in das europäische Rechtsetzungssystem leisten. Grundprinzipien einer Europäischen Lebensmittelbehörde müssen Unabhängigkeit, höchste wissenschaftliche Kompetenz und Transparenz sein. Das Verhältnis der Behörde zu den bestehenden Wissenschaftlichen Ausschüssen muss klar geregelt werden. Die Behörde könnte beispielsweise als eine Art "Sekretariat" der Ausschüsse dienen und ihr die wissenschaftlich vorbereitende und organisatorische Unterstützung gewähren.Die Behörde sollte sich in wissenschaftlichen Fragen mit der gesamten Lebensmittelkette befassen. Die Aufgaben der Lebensmittelbehörde sollten aber auf die Risikobewertung und Risikokommunikation beschränkt bleiben. Die vorgesehene Beibehaltung der Trennung von Risikobewertung und Risikomanagement wird begrüßt. Die Einhaltung dieser international anerkannten Regelungen sind für das Vertrauen in die wissenschaftliche Bewertung sehr wichtig. Zum Aufgabenkatalog hinzugefügt werden sollte die wissenschaftliche Beratung der EU-Kommission und der Mitgliedstaaten, vor allem in Streitfragen zum freien Warenverkehr und bei der Lösung von Welthandelskonflikten.

Schnellwarnsystem:

Grundsätzlich halten wir ein Informationssystem, das in Krisenfällen eine Information der Lebensmittelkette sicherstellt, für wichtig und notwendig. Das derzeitige Schnellwarnsystem ist jedoch nicht ausreichend funktionsfähig und daher verbesserungsbedürftig. Notwendig sind eine sorgfältige Prüfung der übermittelten Sachverhalte auf ihre Schlüssigkeit und eine realistische Einschätzung des tatsächlichen Gefährdungspotentials, um bei dem Adressaten nicht zu einer zwangsläufigen Abstumpfung durch Bagatellinformationen zu führen. Hilfreich wäre eine viel deutlichere Trennung zwischen "Warnungen" (rapid alert notifications) mit akutem Informations- und Handlungsbedarf und "Informationen" (non alert notifications). Die Betreuung des Schnellinformationssystem sollte von einer fachkompetenten Stelle übernommen werden, die Einzelfälle prüft ("fachlicher Filter"). Eine Erweiterung des Schnellinformationssystems auf die Meldepflicht für Unternehmen ("stille Rückrufe") ist sehr kritisch zu sehen. Dies würde die für die Lebensmittelwirtschaft wesentlichen Grundsätze der Eigenverantwortung und der Vertraulichkeit verletzen.

Kennzeichnung:

Es fehlt bedauerlicherweise ein neuer Ansatz zur generellen Verbesserung der Verbraucherinformation. Vor allem sollten neue, alternative Informationswege erwogen werden. Das Lebensmittel-Etikett bietet nur ein begrenztes Instrument der Information. Alternative Möglichkeiten der Verbraucherinformation unter Nutzung anderer Kommunikationstechniken müssen gesucht und genutzt werden.

Werbeaussagen (health claims):

Das Weißbuch enthält auch keine Überlegungen zu Werbeaussagen, die den Verbraucher über zutreffende, positive Aspekte der Ernährung für die Gesunderhaltung informieren (health claims). Es ist in Fachkreisen allgemein anerkannt, dass eine bestimmte Auswahl an Lebensmitteln im Rahmen der Ernährung zur Förderung der Gesundheit beitragen kann. So kann auch das Risiko bestimmter Krankheiten verringert werden. Diese Informationen auch dem Verbraucher zu vermitteln, muss Ziel einer in die Zukunft gerichteten Gesundheitspolitik sein. Hier bedarf es eines entsprechenden Regelungsrahmens.

Ernährungsempfehlungen:

Auf die Erarbeitung europäischer Ernährungsempfehlungen sollte verzichtet werden. Die Ernährungsgewohnheiten in den verschiedenen Mitgliedstaaten weichen erheblich voneinander ab. Nationale Besonderheiten müssen in diesem Bereich weiterhin respektiert werden. Angesichts der Aktivitäten auf europäischer Ebene, Ernährungsrichtlinien für die Bürger der EU aufzustellen, hat der Wissenschaftliche Beirat des BLL Thesen formuliert. Ernährungsempfehlungen müssen die kulturellen, geographischen, historischen und religiös begründeten Unterschiede in der Ernährungstradition sowie die geschmacklichen Präferenzen berücksichtigen und auf wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen beruhen.

Exporte in Drittländer:

Problematisch ist ein mögliches Exportverbot für nicht dem EG-Recht entsprechende Produkte in Staaten mit niedrigerem Schutzniveau. Derartige Anforderungen wären geeignet, gravierende Exporthemmnisse darzustellen und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Lebensmittelwirtschaft erheblich zu beeinträchtigen. Auch müssen regionale Unterschiede berücksichtigt werden: So erfordern andere klimatische Bedingungen auch andere Konservierungsmethoden für Lebensmittel. Daher ist eine dem deutschen Recht entsprechende Regelung vorzuziehen, d.h. Produkte, die abweichende Anforderungen im Bestimmungsland erfüllen und diesen Anforderungen auch entsprechen, müssen auch exportierbar sein.

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