Position/Stellungnahme

BLL-Position Nährwertkennzeichnung

- Während die Zutatenkennzeichnung die Verbraucher über die Zusammensetzung von Lebensmitteln hinsichtlich der verwendeten Zutaten unterrichtet, informiert die Nährwertkennzeichnung über den Brennwert und die Nährstoffzusammensetzung. Anders als bei der Zutatenkennzeichnung, besteht in Deutschland und Europa keine generelle Verpflichtung zur Nährwertkennzeichnung. Verpflichtend ist die Nährwertkennzeichnung allerdings dann, wenn das Lebensmittel mit einer nährwertbezogenen Angabe in den Verkehr gebracht wird. Nährwertbezogene Angaben sind alle Angaben, mit denen zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel besondere Nährwerteigenschaften besitzt. Beispiele sind Angaben wie "mit Vitamin C", "reich an Vitamin C", "fettarm", "zuckerarm" usw. Verpflichtend ist die Nährwertkennzeichnung auch bei diätetischen Lebensmitteln.

Inhalt und Ausgestaltung der Nährwertkennzeichnung sind in der NährwertkennzeichnungsVerordnung geregelt; sie basiert auf EU-Recht. Grundsätzlich müssen Angaben über den Brennwert (Kalorien (kcal) und Kilojoule (kJ)) und den Gehalt an Eiweiß, Kohlenhydraten und Fett gemacht werden, in manchen Fällen zusätzlich auch Angaben zum Gehalt an Zucker, gesättigten Fettsäuren, Ballaststoffen, Natrium und weiteren Inhaltsstoffen wie Vitaminen und Mineralstoffen, wenn diese besonders ausgelobt oder hervorgehoben werden. Die Angaben sind grundsätzlich in einer Tabelle zu machen und auf 100 g oder 100 ml zu beziehen, so dass sicher gestellt ist, dass auch Produkte unterschiedlicher Größe oder Menge zu vergleichen sind. Portionsangaben sind zusätzlich möglich.

Die neuen Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 (Health Claims-Verordnung) und 1925/2006 (Anreicherungs-Verordnung) sorgen dafür, dass auch bei allen Lebensmitteln, die mit gesundheitsbezogenen Angaben wie "Obst ist gesund", "Ballaststoffe sind gut für die Verdauung", "Calcium ist gut für die Knochendichte" beworben werden und bei Lebensmitteln, die etwa mit Vitaminen und Mineralstoffen angereichert werden, die Nährwertkennzeichnung erfolgen muss. Dies geschieht ebenfalls nach den Vorgaben der Nährwertkennzeichnungs-Verordnung.

Empfehlung des BLL zur freiwilligen Nährwertkennzeichnung

Der BLL empfiehlt seinen Mitgliedern, Nährwertkennzeichnung zudem freiwillig aufzubringen, wenn dies sinnvoll und praktikabel ist. Angegeben werden sollen entsprechend der Vorgaben in der Nährwertkennzeichnungs-Verordnung Brennwert, Eiweiß, Kohlenhydrate und Fett, jeweils bezogen auf 100 g bzw. ml. Zusätzlich wird die Angabe des Brennwertes bezogen auf eine Portion des Erzeugnisses sowie des Anteils dieser Portion am Richtwert für die Tageszufuhr empfohlen. Diese so genannte GDA-Angabe (GDA = Guidelines Daily Amount) zum Brennwert erleichtert den Verbrauchern die Einordnung des Lebensmittels als Bestandteil ihrer persönlichen Ernährung. Das ist der aktuelle Beitrag der Lebensmittelwirtschaft zu noch mehr Verbraucherinformation über Lebensmittel und ihre Zusammensetzung über die gesetzlichen Vorgaben hinaus.

Viele Unternehmen gehen sogar noch weiter und machen zusätzlich Angaben zu weiteren Nährwertgehalten pro Portion und/oder den zugehörigen durchschnittlichen Richtwerten für die Tageszufuhr, den bereits erwähnten GDAs.

Entscheidend ist aus Sicht des BLL als Vertreter der Lebensmittelwirtschaft, dass eine Nährwertkennzeichnung auf freiwilliger Basis erfolgt und eine individuelle Entscheidung möglich bleibt. Nährwertkennzeichnung muss branchen-, unternehmens- und produktspezifische Gegebenheiten berücksichtigen. Nicht auf allen Produkten machen solche Angaben Sinn, nicht jede Verpackung kann sie tragen, nicht jeder kleine Hersteller sie ermöglichen. Dies ist auch nicht erforderlich. Von Bedeutung ist, dass eine Vielzahl der Produkte Nährwertinformation bietet, und weiterhin das bereits heute ausgeprägt vorhandene Angebot der Kontaktaufnahme durch Hotlines oder Internetportale gegeben wird, worüber sich interessierte Verbraucher ausgiebig über die Produkte, ihre Nährwerte und weitere Ernährungsfragen informieren können. Durch diese Maßnahmen bietet die Lebensmittelwirtschaft dem Verbraucher eine gute Orientierung für Einkauf, Auswahl und Verzehr.

Rotes Licht für eine Ampelkennzeichnung

Die zunehmende Verbreitung der Nährwertinformation ist auch im Zusammenhang mit der vor allem in Großbritannien viel diskutierten „Ampelkennzeichnung“ (Traffic Light Labelling/Signposting) zu sehen. Mit der Ampelkennzeichnung soll der Nährstoffgehalt von Lebensmitteln signalhaft und damit zugleich bewertend angegeben werden. Das soll mit den Ampelfarben grün, gelb, rot geschehen, um dem Verbraucher eine Bewertung der Lebensmittel bzw. ihrer Nährstoffzusammensetzung als grün = gut, gelb = mittel und
rot = schlecht vermeintlich zu erleichtern.

Gegen diese pauschale Bewertung der Lebensmittel verwehrt sich die Lebensmittel-wirtschaft. Auch die Bundesregierung erteilt der Ampel eine Absage und setzt auf objektive Information. Die Ampelkennzeichnung diskriminiert bestimmte Lebensmittel oder Lebensmittelkategorien ohne Rechtfertigung; sie ist wissenschaftlich nicht zu begründen. Die Ampel ist auch nicht erforderlich, wenn es darum geht, den Verbraucher auf Lebensmittel mit geringerem Brennwert, Fett- oder Salzgehalt aufmerksam zu machen. Diese Lebensmittel stehen bereits heute als Alternative zu den herkömmlichen Erzeugnissen fast in allen Produktbereichen zur Verfügung und sind z. B. als "Light-Produkte" leicht erkennbar, in der neuen Claims-Verordnung gesetzlich geregelt und bedürfen keiner zusätzlichen Signale, werden sie doch bereits heute auch ohne Ampel stark nachgefragt.

Bei der Ampel geht es deshalb um eine politische, oftmals ideologische Abwertung von Erzeugnissen mit vermeintlich schlechtem Nährwertprofil. Für eine solche Abwertung fehlt es aber nicht nur an wissenschaftlicher Rechtfertigung, sie wäre vor allem aufgrund der individuell unterschiedlichen Ernährungsgewohnheiten und -bedürfnisse der Verbraucher und ihrer unterschiedlichen Lebensumstände unzutreffend und damit irreführend. Eine mehr oder minder willkürliche Einteilung der Lebensmittel in "gut" und "schlecht" ist aber nicht nur für die Wirtschaft inakzeptabel, sondern bringt auch dem Verbraucher allenfalls Verwirrung, weil es gerade nicht auf die Bewertung einzelner Lebensmittel ankommt, sondern auf eine ausgewogene Ernährung, in der alle Lebensmittel ihren Platz haben.

Durch die Ampel wird dem Verbraucher suggeriert, er könne sich ohne weiteres Nachdenken gesund ernähren, wenn er nur möglichst viele Produkte mit grünen Punkten wählt. Dass es so einfach nicht ist und dass es sich Politik und Gesetzgeber so einfach nicht machen dürfen, liegt eigentlich auf der Hand.

Die Lebensmittelwirtschaft setzt stattdessen auf sachliche und faktische Information ohne dieses bewertende Element. Die informierte und eigenverantwortliche Kaufentscheidung der Verbraucher auf der Grundlage zutreffender Information ist das Ziel, das die Lebensmittelwirtschaft in ganz Europa verfolgt. Deshalb gibt es ähnlich der Empfehlung des BLL entsprechende Empfehlungen in allen Mitgliedstaaten. Die Lebensmittelwirtschaft ist sicher, den Verbrauchern mit diesen Informationen eine verlässliche Entscheidungsgrundlage zu liefern und besser zu dienen, als mit vor allem politisch motivierten Bewertungen einzelner Lebensmittel. Verbraucher brauchen keine politisch induzierte Klassifizierung von Lebensmitteln, sondern verlässliche, faktische Information als Grundlage autonomer Entscheidung, die individuelle Bedürfnisse, Vorlieben und Erfordernisse viel besser berücksichtigt, als eine staatliche Verzehrsampel.

Bonn, den 12. Oktober 2007

Für weitere Informationen:
Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e. V. (BLL)
RA Peter Loosen, LL.M.
E-Mail: ploosen[at]bll.de