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Gentechnik oder nicht? Gerichtshof fällt Urteil

- Pflanzen, die mit Genome Editing gezüchtet wurden, fallen unter das europäische Gentechnikrecht. Der BLL beantwortet die wichtigsten Fragen zum heutigen Urteil des europäischen Gerichtshofs.

Symbolbild

CRISPR-CAS9 gene editing complex from Streptococcus pyogenes. The Cas9 nuclease protein uses a guide RNA sequence to cut DNA at a complementary site. Used in genome engineering and gene therapy.

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Pflanzen, die mit Genome Editing gezüchtet wurden, fallen unter das europäische Gentechnikrecht. Der BLL beantwortet die wichtigsten Fragen zum heutigen Urteil des europäischen Gerichtshofs.

Die rasant steigende Weltbevölkerung, knapper werdende Ressourcen und sich verändernde Klimabedingungen und damit verbunden die Ernährungssicherung stellen die Pflanzenzüchtung und die Lebensmittelwirtschaft vor neue Herausforderungen. Neue molekularbiologische Züchtungstechniken, insbesondere die Techniken des sogenannten Genome Editing, sind ein sehr schnell wachsendes Feld naturwissenschaftlicher Forschung. Wir haben die wichtigsten Fragen rund um das heutige Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zusammengestellt:

Was bedeutet Genome Editing?

Genome Editing ist ein Sammelbegriff für neue Züchtungsmethoden, mit denen man zielgerichtete Eingriffe im Erbmaterial (Genom) einer Zelle durchführen kann. Insbesondere die Methode CRISPR/Cas verspricht eine Vielzahl von neuen Anwendungsmöglichkeiten.

Was sind die möglichen Vorteile?

Den neuen Züchtungstechniken werden vielfältige Chancen für die Landwirtschaft, Pflanzen- und Tierzucht zugeschrieben. Durch sie ist es möglich, präzise und kontrolliert einzelne Nukleotide, aber auch größere Gensequenzen aus dem Chromosom zu entfernen oder einzufügen und so gezielte genetische Veränderungen in Organismen herbeizuführen.

Was bedeutet das Urteil des EuGH?

Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) gilt das strenge EU-Gentechnikrecht auch für die mit Mutagenese-Verfahren gewonnenen Organismen, die nach dem Erlass der EU-Gentechnik-Richtlinie 2001/18/EG entstanden sind. Begründet wird dies vom EuGH damit, dass sich die mit dem Einsatz der neuen Mutagenese-Verfahren verbundenen Risiken vergleichbar mit den bei der Erzeugung und Verbreitung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) im Wege der dem EU-Gentechnikrecht schon bisher unterfallenden Transgenese auftretenden Risiken erweisen könnten. Das heißt im Klartext, dass nach Auffassung des EuGH die mit neuen Züchtungstechniken gezüchteten Pflanzen als GVO in Abweichung von der differenzierenden Stellungnahme des Generalanwalts pauschal unter das EU-Gentechnikrecht fallen. Das heutige Urteil des EuGH stellt damit einen im Ergebnis überraschenden, aber bedeutsamen und folgenreichen Beitrag zur Klärung der gelten Rechtslage dar.

Wie können Verbraucher gentechnisch veränderte Lebensmittel erkennen?

Seit April 2004 müssen Lebensmittel, die gentechnisch veränderte Organismen (GVO) enthalten oder aus solchen bestehen sowie Lebensmittel, die entweder selbst oder deren Zutaten aus gentechnisch veränderten Organismen hergestellt worden sind, gekennzeichnet werden. Die entsprechenden Kennzeichnungshinweise „genetisch verändert“ oder „aus genetisch verändertem … hergestellt“ werden bei vorverpackten Lebensmitteln in der Zutatenliste und bei unverpackt abgegebenen Lebensmitteln auf einem Schild direkt an der Auslage angegeben.

Wichtig: Da ein hundertprozentiger Ausschluss von gentechnisch verändertem Material aus technischen Gründen (internationale Warenströme; Möglichkeiten der Analytik) niemals ganz zu realisieren ist, liegt der von der Europäischen Union vorgegebene Toleranzwert für die Kennzeichnung bei technisch unvermeidbaren Spureneinträgen von in der EU zugelassenen GVO bei maximal 0,9 Prozent.

Befinden sich gentechnisch veränderte Lebensmittel im Supermarkt?

Man kann davon ausgehen, dass sich aufgrund mangelnder Verbraucherakzeptanz aktuell auf dem deutschen Markt keine Lebensmittel befinden, die GVO enthalten oder aus solchen bestehen, oder aus GVO hergestellt wurden und nach dem Gentechnikrecht gekennzeichnet werden müssten. Allerdings müssen Lebensmittel von Tieren, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert wurden, sowie gentechnisch veränderte Verarbeitungshilfsstoffe und Trägerstoffe nicht gekennzeichnet werden und sind somit nicht erkennbar.

Weitere Informationen:

Info-Flyer: Gentechnik und Lebensmittel – rechtliche Vorgaben zur Kennzeichnung (PDF-Download)