Bonner Empfang 2018

Absage an Hygiene-Ampel, Offenheit für Dialog

- Das war der traditionelle Bonner Empfang des BLL mit Staatssekretär Dr. Heinrich Bottermann (NRW) und Prof. Dr. Tilman Mayer von der Universität Bonn.

Christoph Minhoff, BLL-Hauptgeschäftsführer, Prof. Dr. Tilman Mayer, Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität Bonn, Stephan Nießner, Präsident des BLL, und Staatssekretär Dr. Heinrich Bottermann, Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen

Christoph Minhoff, BLL-Hauptgeschäftsführer, Prof. Dr. Tilman Mayer, Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität Bonn, Stephan Nießner, Präsident des BLL, und Staatssekretär Dr. Heinrich Bottermann, Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen

© BLL/Mareike Tocha
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Der Spitzenverband der Lebensmittelwirtschaft BLL hat seinen traditionellen Bonner Empfang am 12. Januar genutzt, gemeinsam mit Dr. Heinrich Bottermann, Staatssekretär im Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, und Prof. Dr. Tilman Mayer von der Universität Bonn einen Blick auf Schwerpunkte und Herausforderungen für die Politik 2018 zu werfen.

BLL-Präsident Stephan Nießner übte in seiner Ansprache Kritik an kürzlich geäußerten Forderungen von Gesundheits- und Kampagnenorganisationen, die sich gegen die Selbstbestimmung und Eigenverantwortung des Einzelnen richten und einen „unerbittlichen Wunsch nach staatlicher Regulierung und Zwang“ zeigen. Forderungen von Werbebeschränkungen für Bier, Süßigkeiten und „Junk Food“ durch der Weltgesundheitsorganisation WHO wies Nießner mit dem Hinweis zurück, dass Werbung für Kinder bereits klar geregelt sei: „Nicht Werbespots machen Kinder dick, sondern eine unausgewogenes Verhältnis von Kalorienaufnahme und Verbrauch“.

Keine einfachen Lösungen für komplexe Probleme

Vorschläge wie eine „gesunde Mehrwertsteuer“, d.h. einen erhöhten Mehrwertsteuersatz auf als „ungesund“ interpretierte Produkte, wie sie jüngst Diabetesverbände gefordert hatten, hätten allein das Ziel „mediale Aufmerksamkeit zu erregen und politischen Druck auszuüben“. Statt vermeintlich einfacher Lösungen für komplexe Probleme seien hingegen differenzierte Herangehensweisen gefordert: So handele es sich bei Adipositas um eine Problematik, die nur gesamtgesellschaftlich zu lösen sei. Die Lebensmittelhersteller tragen zur Lösung bei, indem sie ein breites Sortiment für jeden Lebensstil anbieten und die Inhalts- und Nährwertinformationen klar in der Nährwerttabelle auszuweisen hätten.

Finanzierungsmodell für Pflichtkontrollen überarbreiten

Die Finanzierung von amtlichen Regelkontrollen durch die Lebensmittelwirtschaft bezeichnete Nießner als nicht akzeptable Zusatzbelastung. Zu Recht habe laut Nießner bezüglich der Kostenfreiheit der amtlichen Regelkontrollen über Jahrzehnte ein politischer Konsens zwischen Bundesländern und Lebensmittelwirtschaft bestanden. Verständlicherweise habe es deshalb eine Reihe von Klagen gegeben. „Wir appellieren an die Nordrhein-Westfälische Landesregierung, diese Einführung wieder rückgängig zu machen. Ähnlich, wie Sie es auch richtigerweise für die Hygiene-Ampel vorgesehen haben.“

Geeint in Vielfalt, auch bei Lebensmitteln

In seiner Rede verwies BLL-Präsident Nießner zudem auf einen Grund zu feiern: Denn der europäische Binnenmarkt werde dieses Jahr 25 Jahre jung. „Und ich sage feiern, weil wir alle von diesem Binnenmarkt profitieren“, so Nießner. „Die einheitlichen gesetzlichen Regelungen und freien Grenzen ohne Zölle ermöglichen es der Lebensmittelwirtschaft Rohstoffe gleichbleibender Qualität zu fairen Preisen zu beziehen und größere Absatzmärkte zu generieren.“ Das sichere Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft. Und: „Die europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren von einer geschmacklichen Vielfalt über Ländergrenzen hinweg und von europaweit sicheren und hochwertigen Lebensmitteln.“

Binnenmarkt, aber keine Gleichmacherei

Nießner äußerte sich auch zu der Diskussion um angeblich doppelte Qualitätsstandards (Dual Quality) und ein Ost-West-Gefälle in Europa: „Es gibt und gab schon immer Rezepturunterschiede innerhalb Europas, aber das hat nichts mit unterschiedlichen Qualitäten, sondern beispielsweise mit unterschiedlichen Geschmackspräferenzen zu tun. Auch eine Anpassung der Produkte an das Angebot der Wettbewerber oder unterschiedliche Preisniveaus sind Gründe für Rezepturabweichungen.“ Entscheidend sei, dass überall dieselben Regelungen und Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit gelten.

Absage an Hygiene-Ampel, Zusage für Zusammenarbeit

Staatssekretär Dr. Heinrich Bottermann vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) sagte eine enge Zusammenarbeit seines Hauses mit dem BLL und der Lebensmittelwirtschaft zu. Der Hygiene-Ampel in NRW erteilte er eine Absage: „Die Hygiene-Ampel liefert nur scheinbare Transparenz.“ Stattdessen wolle man gemeinsam mit der Lebensmittelwirtschaft ein praktikables Modell erarbeiten, bei welchem Betriebe die Möglichkeit erhalten, auf freiwilliger Basis ihre Überwachungsergebnisse zu kommunizieren. Auch hinsichtlich der Frage nach Gebühren für nicht anlassbezogene Regelkontrollen zeigte sich Dr. Bottermann gesprächsbereit: „Wir müssen darüber sprechen, wie wir für beide Seiten hier eine Erleichterung schaffen können“.

Erweiterte Strategien bei Lebensmittelsicherheit

Generell unterstrich Dr. Bottermann die Notwendigkeit für neue Strategien im Bereich der Lebensmittelsicherheit: „Die Menschen müssen vertrauen können. Aber Vertrauen allein reicht nicht, sondern wir brauchen eine hohe Qualität der Überwachung, moderne Apparaturen und Ansätze wie zum Beispiel die Non-Target-Analyse, mit der man möglichst auch unbekannte Stoffe identifizieren und quantifizieren kann“.

Pointierte Politikbeobachtung zum Abschluss

Professor Dr. Tilman Mayer vom Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität Bonn verlies in seinem Vortrag den Lebensmittelsektor und gab einen generellen Überblick über die politische Situation in Deutschland seit der Bundestagswahl. Dazu analysierte er auf unterhaltsame Weise das Vorgehen der Parteien während der Sondierungsgespräche sowie das Verhalten einzelner Beteiligter in den sozialen Netzwerken und gegenüber der Presse.

BLL/AgE